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Interview mit Mag. Lisa Wiesinger

Mag. Lisa Wiesinger ist 2006 an den Sterntalerhof gekommen – im Rahmen der Suche nach einem Diplomarbeitsthema für ihr Sonder und Heilpädagogik-Studium der Universität Wien. Aufgrund ihrer gesammelten Erfahrungen rund um Altenarbeit und ihres großen Interesses für den Palliativbereich und tiergestützte Therapie entschloss sie sich dazu, ein Praktikum am Sterntalerhof zu beginnen, das schon nach wenigen Monaten in eine Fixanstellung umgewandelt wurde. Gemeinsam mit den Gründern Peter Kai und Regina Heimhilcher sowie dem heutigen Geschäftsführer Harald Jankovits war sie eine der ersten Mitarbeiter am Hof. Die Anfangszeit war geprägt von wichtiger Vorbereitungsarbeit, um das Projekt auf wirtschaftlich stabile Beine zu stellen. Wiesinger brachte sich nicht nur dort entscheidend ein, sondern absolvierte parallel dazu eine Ausbildung zur Voltigiertherapeutin. Es folgten viele andere Weiterbildungen. Das Team wurde immer größer und machte neue Strukturen erforderlich, wodurch sie 2012/2013 zur fachlichen Leiterin aufstieg.

Ab Mai übt die bald 38-jährige Burgenländerin und gebürtige Wienerin, die vor einem Jahr in geringfügiger Anstellung aus der Karenz zurückgekehrt ist, ihre Führungsposition in Teilzeit aus. Seit 13 Jahren bereichert sie den Betrieb nun schon mit ihrem Know-how, ihrem Engagement und der unbändigen Motivation, Gutes zu tun: „Es passt einfach. Heute wie damals gibt es für mich nichts Erfüllenderes als die Arbeit mit Menschen, die wissen, was Leben heißt.“


Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

„In den ersten Jahren am Sterntalerhof war ich in der Lebensbegleitung tätig, das heißt, ich habe viele Familien begleiten dürfen. Je mehr neue Kollegen wir bekamen, desto wichtiger wurden die Bereiche Mitarbeitergespräche, Teamführung und Co., weshalb ich zur fachlichen Leiterin ernannt wurde. Ich habe heute zehn Mitarbeiter und bin verantwortlich für das Lebensbegleitungsteam und den reibungslosen Ablauf der Therapie-Aufenthalte innerhalb der stationären Lebensbegleitung. Meine wichtigste Aufgabe ist es, die bestehende Qualität am Sterntalerhof zu sichern. Ich verantworte das Konzept, welches sich immer wieder kompromisslos an den Bedürfnissen der Familien zu orientieren hat. Ob neue Räume und Angebote, Notfallpläne oder Weiterbildungen fürs Team – damit alles gut läuft, braucht es ein genaues Hinschauen und fortlaufendes Hinterfragen. Nur so können wir unsere Qualität langfristig gewährleisten.“

Wer kommt zu Ihnen an den Sterntalerhof?

„Meine Kollegen und ich sind mit sehr breit gefächerten Krankheitsbildern konfrontiert. Betreut werden hier Kinder, die vor dem 18. Lebensjahr eine lebensverkürzende Erkrankung diagnostiziert bekommen. Ob Gendefekte, Stoffwechselerkrankungen, Herzprobleme oder neurologische Leiden – wir haben oft mit extrem seltenen Krankheiten zu tun und begleiten unsere Patienten über Jahre hinweg, zum Teil auch noch im Erwachsenenalter. Die Familien, die zu uns an den Hof kommen, sind im Durchschnitt einmal im Jahr für ein bis drei Wochen stationär hier. Bei schweren Krankheitsverläufen auch zwei bis dreimal pro Jahr. Wir übernehmen da ganz klar eine Brückenfunktion und bieten den Betroffenen nicht nur Betreuung, sondern auch mobile Versorgung und einen Platz für Trauerarbeit. Die Nachhaltigkeit für die ganze Familie ist wesentlich. Von den Eltern über Geschwister bis hin zum erkrankten Kind – am Sterntalerhof wird jedem Teil der Familie die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt.“
Was ist das Schöne an der Arbeit mit Kindern und Familien?

„Wir helfen Familien, denen man gesagt hat, dass man nichts mehr tun kann. Indem wir Erlebnisse möglich machen – ob nun Reiten oder Tanzen – schaffen wir neue Lebensqualität für die Betroffenen. Am Sterntalerhof erleben wir Wesentlichkeit in seiner reinsten Form, denn an der Arbeit mit Kindern ist absolut nichts oberflächlich. Hier wird am Kern des Lebens miteinander gelacht und geweint. Die Menschen, mit denen wir zu tun haben, wissen worum es geht – es ist ein Geschenk, Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen. Der Sterntalerhof macht Kinder zwar nicht gesund, aber er schafft heilende Momente: in der Natur, in Form einer großen Familie des Miteinanders und im Gefühl, beheimatet zu sein.“

Wie gehen Sie mit dem Thema Tod um?

„Dass die Familien nur ein bis drei Wochen am Hof sind, ist zum Teil ein Schutz für die Mitarbeiter. Wir müssen aber in der Begleitung berührbar bleiben, damit gute Beziehungen entstehen können. Es ist Teil unserer Profession, mitzufühlen, mitzulachen und manchmal mitzuweinen. Deshalb ist Psychohygiene wichtig. Einerseits muss jeder für sich selbst Copingstrategien entwickeln, andererseits stützen wir uns im Team auch gegenseitig, wenn eines der Kinder verstirbt. So halten wir zum Beispiel am Jahresende immer Gedenkrituale für die Verstorbenen ab, verbringen bewusst Zeit in der Kapelle und haben Rituale in den Teambesprechungen wie Schweigeminute, Gong-Läuten und Kerzen-Anzünden eingeführt.“

Was sind Ihre Wünsche für die kommenden Monate?

„Es soll so weitergehen dürfen, wie wir es entwickelt haben. Wir haben ein tolles Konzept, ein Top-Team und verlässliche Unterstützer. Unser Standort in Burgenland soll bestmöglich erhalten bleiben und der neue Standort in Tirol soll einen optimalen Start haben. Es wird dort sicher anders sein als hier, weil weniger Fläche zur Verfügung stehen wird, aber der Spirit darf sich nicht verändern. Ich wünsche mir, dass auch in Tirol eine heimelige Atmosphäre spürbar wird – durch die Architektur, aber vor allem durch die Menschen, die dort ein- und ausgehen werden.“
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